LNG-Abhängigkeit auf Jahrzehnte: Wie sich Europa und Deutschland in Gas-Fragen an die USA ketten
Der Abhängigkeit von Russland beim Gas hat sich die Europäische Union entledigt. Der rasante Ausbau einer Flüssiggasinfrastruktur schafft nun neue Abhängigkeiten und zwingt die Staaten in eine jahrelange Nutzung des fossilen Brennstoffs LNG.
Die Abhängigkeit von russischem Gas hat Europa und insbesondere Deutschland nach dem russischen Angriff auf die Ukraine in eine Energiekrise gestürzt. Zuvor importierte die EU knapp die Hälfte des Bedarfs an Gas aus Russland. Von diesen Ketten haben sich die europäischen Staaten gelöst, wenn auch zu einem hohen Preis. Die neue unabhängige Industrie bezahlen sowie Verbraucherinnen und Verbraucher. Während viele die neue Realität noch verdauen, haben europäische Regierungen vor Jahren bereits den Weg für eine neue langfristige Gas-Abhängigkeit bereitet. Der Kriegsbeginn am 24. Februar 2022 hat diesen Prozess noch einmal beschleunigt.
Spannend, aber gerade keine Zeit?
Was in vielen EU-Staaten aufgrund von Umweltbedenken verboten ist, wird in den Vereinigten Staaten in noch nie da gewesenem Ausmaß betrieben: Fracking. Das Verfahren, bei dem über Bohrungen mit hohem hydraulischem Druck eine Flüssigkeit ins Gestein gepresst WIRD, die Risse oder erweitert, fördert sonst unerreichbare Erdgasvorräte. Und die USA bauen ihre Förderkapazitäten stetig aus. Die Nachfrage, insbesondere aus Europa, heizt den Fracking-Boom in Übersee nicht erst seit Kriegsbeginn an. Im weltweiten Vergleich verfügen die USA bereits über die meisten Fracking-Anlagen. Damit Deutschland und die EU dringend benötigtes Erdgas erhalten, machen sie sich von einer hierzulande verbotenen Fördertechnik abhängig.
LNG-Importe: Abhängigkeit von der USA steigt
Eine Analyse von „
Untersuchen Sie Europa
“ zeigt das Ausmaß der neuen europäischen Flüssiggas-Abhängigkeit aus den USA. Demnach haben europäische Unternehmen in den vergangenen zehn Jahren mindestens 33 Verträge für US-amerikanisches LNG unterzeichnet, zehn davon allein 2022. Die meisten Vereinbarungen haben eine Vertragslaufzeit von 20 Jahren. Insgesamt stieg der LNG-Import der EU im abgelaufenen Jahr um rund 150 Prozent.
Die EU hat Russland in Gas-Fragen so den Rücken zugekehrt. Doch auch die Abhängigkeit von den USA hat Tücken. Spätestens seit der Präsidentschaft von Donald Trump gilt das Land als wankelmütig. Die Rolle des zuverlässigen Partners für Europa hat schwere Schäden erlitten. Allgemein ist die Nation im Innern tief gespalten. Ob beim Abtreibungsrecht, bei der Waffengewalt, der Einwanderungsfrage oder dem Kaufkraftverlust – in vielen Fragen driften die Pole immer weiter auseinander.
Die nächste Präsidentschaftswahl im Jahr 2024 könnte erneut internationale Partnerschaften auf die Probe stellen. Kommt Donald Trump an die Macht, was aktuell unwahrscheinlich scheint, oder ein ähnlich gestrickter Republikaner, sind die Folgen für die Zusammenarbeit der USA und der EU ungewiss.
Diversifizierung der Gas-Partnerschaften
Zudem hat sich auch in den USA der Erdgaspreis zu Beginn des vergangenen Jahres mehr als verdoppelt. Die Strompreise explodierten; Entlassungen und Produktionsdrosselungen waren die Folge. Auch die USA erleben eine Energiekrise. Behalten sie irgendwann ihr Gas in großem Ausmaß selbst, steht ein stark von den USA abhängiges Europa vor einem neuen alten Problem.
Eine Diversifizierung der LNG-Partnerschaften kann den Wegfall größerer Exportländer kompensieren. 2021 kamen rund 28 Prozent des LNGs für die EU aus den USA. 20 Prozent kamen jeweils aus Russland und Katar. Drei Staaten liefern zusammen rund 70 Prozent.
Für Deutschland etwa Werk Katar ab 2026 die Flüssigerdgaslieferungen auszuweiten
. Damit kann die Bundesrepublik rund drei Prozent des Bedarfs decken. Weitere wichtige deutsche Partner sind außerdem Nigeria und Algerien. Uniper und RWE, die Betreiber der ersten schwimmenden Terminals, haben außerdem neben den USA unter anderem Verträge mit Lieferanten in Australienden Vereinigten Arabischen Emiraten, Oman Oder Kanada abgeschlossen.
Abhängigkeit vom fossilen Brennstoff bleibt über Jahre
sterben
langen Vertragslaufzeiten – oft Bedingungen, um sich überhaupt zu einigen – schaffen nicht nur eine Abhängigkeit von Großlieferanten wie den USA. Sie sind aus Sicht von Umweltschützern auch die Grundlage für das Verfehlen der Klimaziele. So haben US-Präsident Joe Biden und EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen kurz nach Kriegsbeginn ein Abkommen angekündigt, das die Abhängigkeit der Europäischen Union von russischer Energie verringern soll.
Die Kritik schon damals: „Dieses Abkommen bringt die EU und die USA auf einen falschen und gefährlichen Weg, weil es neue Infrastrukturen für den Import von fossilem Gas nach Europa vorantreibt“, warnte Murray Worthy, Leiter der Gaskampagne bei der Umweltorganisation Global Witness in der „Deutschen Welle“.
Der Bau neuer LNG-Terminals zurrt sterben Einfuhr von fossilem Gas über Jahre hinweg fest. Und das, so der Umweltschützer weiter, weit über den Zeitpunkt hinweg, zu dem der Ausstieg aus dem klimaschädlichen Brennstoff geplant ist.
In Deutschland sei man auf diesen Fall vorbereitet, argumentierte zuletzt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen). LNG-Terminals sollen zukunftsfähig sein. Der Plan: Um die Klimaziele zu erreichen, sollen sie später klimafreundlichen grünen Wasserstoff oder Ammoniak aufnehmen können.
Erste Studien zweifeln jedoch bereits an, dass Habecks ambitionierter Terminal-Plan aufgehen könnte
.
Hohe Kosten für Deutschland und die EU
Um die hohen Mengen Flüssiggas aus den USA aufzunehmen und innerhalb der EU zu verteilen, mussten die Europäer viel Geld in die Hand nehmen. Erst im Dezember entschieden die EU, mit 67,5 Milliarden Euro der 225 Milliarden zinsgünstigen Kredite aus den Wiederaufbaufonds Gas-Projekten zu finanzieren.
Zahlreiche neue Infrastrukturprojekte entstanden. Deutschland stampfte
LNG-Terminals im neuen „Deutschland-Tempo“
wie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Ende Dezember verlautbarte, aus dem Boden. Viele Orte in der EU wurden zusätzlich zu den bereits betriebenen Terminals Anlandestationen wiederbelebt, neu gebaut oder werden aktuell noch gebaut. Aktuell sind der „Investigate Europe“-Analyse gerechnet 34 LNG-Terminals und sieben Pipelines im Bau oder werden ausgebaut. Allein im Bundeswirtschaftsministerium rechne man demnach mit Kosten für die neuen Anlandepunkte in Höhe von 9,7 Milliarden Euro.
Der Prozess begann schon lange vor dem Krieg in der Ukraine; dieser erneut befeuerte ihn aber. Nach dem Angriff Russlands, als die Task Force für Energiesicherheit der EU und USA, „zusätzliche Flüssiggasmengen (LNG) für den EU-Markt in Höhe von mindestens 15 Milliarden Kubikmetern im Jahr 2022 und weitere Steigerungen in der Zukunft“ beschloss, zeigte sich der angestoßene Prozess besonders deutlich in Deutschland.
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Bis Ende 2023 sind sieben neue LNG-Terminals mit einer Jahreskapazität von mehr als 30 Milliarden Kubikmetern geplant und sollen ans Gasnetz angeschlossen sein. Das LNG-Terminal in Wilhelmshaven wurde bereits aus den USA angefahren. Der Tanker „Maria Energy“ kam mit einer Tonne Flüssiggas im Bauch über den Ozean, um unsere Speicher zu füllen. In den kommenden Wochen werden ihr viele weitere Schiffe folgen. Und vor wenigen Tagen verkehrt ein weiteres schwimmendes Terminal für Flüssigerdgas in Brunsbüttel ein, wo gerade das dritte schwimmende LNG-Terminal in Deutschland entsteht.
Quelle: news.google.com