Mag sein, dass es für Milliarden Menschen Alltag ist, mag sein, dass so die Zukunft schmeckt. Aber an hiesigen Esstischen löst Insekten auf dem Teller doch meistens eher Ekel aus, vielleicht bei einigen Nervenkitzel.
In der EU war es bis Sommer 2021 auch gar nicht so einfach, an Speiseinsekten zu kommen, von der Eigenzucht einmal ausgeschlossen. Doch dann nahm zuerst der Mehlwurm die Zulassungshürden der Europäischen Novel-Food-Verordnung. Im November 2021 folgte dann die Europäische Wanderheuschrecke und vor gut einem Jahr die Hausgrille. In dieser Woche kommen zwei weitere Produkte hinzu: Die Larven des Getreideschimmelkäfers Alphitobius diaperinus in diversen Zubereitungsformen, „pastenartig“ oder „gemahlen“, sowie die Hausgrille jetzt auch als „teilweise entfettetes Pulver“ can nun in Europa gehandelt und verarbeitet werden. Derzeit bittet es acht weitere Anträge auf die Zulassung von Insekten als Lebensmittel, heißt es von der Europäischen Kommission.
Nudeln, Backwerk oder Süßigkeiten mit beabsichtigtem Insektenanteil gibt es entsprechend noch nicht lange in deutschen Supermärkten, man findet sie überhaupt. „Bislang sind diese Produkte nicht richtig bei den Verbrauchern angekommen“, sagt Daniela Krehl vom Referat Lebensmittel und Ernährung der Verbraucherzentrale Bayern. Mit den neuen Produkten, die sich als Zusatz auch für Backwaren beim Bäcker eignen würden oder als Beimischung für Fleischersatz, wachse nun die Furcht, dass Insekten den Verbraucherinnen und Verbrauchern untergejubelt werden sollen, sagt Krehl. Aber die Expertin erwartet eher das Gegenteil – dass nämlich Produkte mit Insektenanteil gezielt beworben werden.
Beim Futter sind die meisten Insekten nicht anspruchsvoll, organischer Abfall ist ihnen gerade recht
Allerdings fehlt im Jahr 2020 bei einem Marktcheck der Verbraucherzentralen bei 32 untersuchten Produkten von Warnhinweisen für Allergiker. Beim Verzehr von Insekten kann es bei Menschen mit Allergien gegen Hausstaubmilben, Krusten-, Schalen- oder Weichtiere zu Kreuzreaktionen kommen, sagt Krehl. „Es gibt jedoch noch keine Erfahrungswerte, wie stark die allergischen Reaktionen gegen Insektenbestandteile ausfallen können.“
Abgesehen vom Allergiepotenzial schätzt die Verbraucherschützerin Insekten als wertvoll für die menschliche Ernährung ein: „Hochwertiges Protein, mineralienreich, wichtige Fettsäuren, die der menschliche Körper nicht selbst herstellen kann.“ Auch die Welternährungsorganisation FAO empfiehlt Insekten als hochwertige Proteinquelle, zumal eine umweltfreundliche dazu. Laut FAO braucht man nur etwa zwei Kilogramm Futter, um ein Kilo Heuschrecken zu züchten. Was die Zusammensetzung des Futters angeht, sind die meisten Insekten nicht anspruchsvoll, organischer Abfall ist ihnen gerade recht. Auch als Tierfutter kommen Insekten in Frage. Erst kürzlich rechneten Fachleute im Wissenschaftsjournal Wissenschaft vordass sogar die gesamte Futtermittelproduktion auf Insekten umgestellt werden könnte, mit enormen jährlichen Wachstumsraten und entsprechendem Einfluss auf die Wirtschaft.
Verbraucherschützerin Krehl weiß um die Vorzüge und kennt den Geschmack. Sie hat sich schon mal durch ein ganzes Insekten-Menü probiert mit gegrillten Grillen und Eis mit karamellisierten Würmern. „Ich esse auch Garnelen und sehe da keinen großen Unterschied.“ Es bleibe abzuwarten, „ob die Europäer den Ekeleffekt beherrschen können“.
Quelle: news.google.com